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"Broadcast ist nun einmal ein extrem effizienter Weg für die Verbreitung großer Datenmengen."


Interview mit Christian Sautter von KATHREIN Broadcast GmbH zu den Projekten "5G-Today" und "5G Media2Go"


Christian Sautter, KATHREIN Broadcast GmbH
Rohrdorf, 25.04.2021; Die KATHREIN Broadcast GmbH aus Rohrdorf ist der Ansprechpartner, wenn es um digitale Technik wie Empfangsgeräte & Antennen geht. Zusammen mit Rode & Schwarz, zeichnet sich das Unternehmen für die 5G Broadcasting Projekte „5G-Today“ sowie „5G Media2Go“ als technischer Berater & Dienstleister verantwortlich.

Im Jahr 2017 gründete sich ein Konsortium aus KATHREIN, Rohde & Schwarz, IRT, TU Braunschweig, Bayerischer Rundfunk und Telefonica für das Projekt „5G-Today“. Ziel war die Erforschung von 5G Broadcasting. Ein Schritt weiter ging das 2020 gestartete Vorhaben „5G Media2Go“. Hier untersucht ein Firmenverbund u.a. aus SWR, Deutsche Telekom, Porsche sowie KATHREIN und Rohde & Schwarz schwerpunktmäßig die 5G Übertragung von linearen und nichtlinearen Inhalten auf mobilen Endgeräten, z.B. im Auto.

KATHREIN war an beiden Projekten für die technische Umsetzung beteiligt, weswegen wir uns über ein Interview mit Christian Sautter sehr freuen. In diesem finden Sie u.a. Antworten darauf, welche Herausforderungen es bei den einzelnen Projekten zu meistern gab? Inwieweit 5G Broadcast mit bereits bestehenden Übertragungsstandards wie DVB-T2, DAB+ usw. konkurriert? Und ob der neue Standard die Ultima Ratio der kommenden Jahre sein wird und sich in zukünftigen Geräten wiederfindet?

5G-Anbieter.info: Erst einmal vielen Dank Herr Sautter für dieses Interview. Sie und ihr Stab von KATHREIN waren als ein Kooperationspartner neben Rohde & Schwarz für die technische Umsetzung der Projekte „5G Today“ sowie „5G Media2Go“ verantwortlich. Bitte stellen Sie sich und ihr Team vor.

Herr Sautter: Die Firma KATHREIN Broadcast ist eine der führenden Firmen im Bereich Rundfunk-Sendeantennen und -meßtechnik. Wir beschäftigen ein 12-köpfiges Entwicklungsteam von Hochfrequenzingenieuren, Konstrukteuren und Technikern. Alle diese Kolleginnen und Kollegen sind mehr oder weniger an den 5G-Broadcast-Projekten beteiligt, sei es bei der Entwicklung und Konstruktion von Spezialantennen, bis hin zur Durchführung der Feldmessungen. Ich selbst leite die Entwicklungsabteilung und das Produktmanagement, und habe auch bei den Projekten 5G-Today und 5G Media2Go die projektleitende Funktion für den KATHREIN-Teil.

5G-Anbieter.info: Beide Projekte hatten das Ziel, die Möglichkeiten sowie Tragfähigkeit des Sendens und Empfangens von (nicht-) linearen Medieninhalten mittels Uni-, Broadcast zu evaluieren. Wie wurde dies technisch umgesetzt, wie war der Versuchsaufbau und wie wurde praktisch getestet? Was waren die Zielvorgaben?

Herr Sautter: Bei 5G-Today war das übergreifende Ziel, ein 5G-Broadcast High-Power-High-Tower-SFN in Funktion zu setzen, sowie die Performance dieses Netzes zu demonstrieren und zu messen. Jeder aktive Projektteilnehmer hat hierzu seine spezifischen Fähigkeiten und Produkte eingebracht. Für KATHREIN speziell war die Aufgabe, die Broadcast-Sendeantenne so zu optimieren, daß mobile Endgeräte mit Broadcast-Signalen bestmöglich versorgt werden können. Hierzu wurde am Sender München-Ismaning eine Spezialantenne installiert, die eine Ausstrahlung des 5G-Broadcast-Signals mit verschiedenen Polarisationen (H/V/circular) ermöglicht, womit der Effekt des Sendepolarisation auf die Versorgung untersucht werden sollte. Empfangen wurde das Signal hierzu mit einer von KATHREIN neu entwickelten LTE-FeMBMS-Decoder-Software, welche die Auswertung sowohl der Signalstärke als auch der Signalqualität ermöglicht.

Beim Projekt 5G Media2Go hat die Applikationsseite von 5G-Broadcast mehr Gewicht bekommen. Das Sendernetz besteht hier derzeit aus zwei High-Power-High-Tower (HPHT) Sendern sowie zwei Gapfillern auf Mobilfunkstandorten, ein weiterer Ausbau ist geplant. Wir haben hier die Erkenntnisse aus 5G-Today bereits umgesetzt, und alle neuen Sendeantennen circular polarisiert aufgebaut. Auf der technischen Seite wird für KATHREIN hier vor allem die Performance der Gapfiller, sowie die des FeMBMS-Signals bei hohen Empfänger-Geschwindigkeiten interessant.

5G-Anbieter.info: „5G-Today“ war eher für 5G Broadcasting allgemein konzipiert, "5G Media2Go" insbesondere zum Einsatz in Fahrzeugen – welche technischen Besonderheiten / Protokolle kamen zum Tragen? Gab es Vor- und Nachteile beim Einsatz der Technik?

Herr Sautter: Aus unserer Sicht ist bei beiden Projekten die Herausforderung, mobile Endgeräte mit Rundfunksignalen im UHF-Bereich optimal zu bedienen. Bei 5G-Today haben wir uns auf ein Smartphone als typisches, mögliches Endgerät konzentriert. Das heißt, eine relativ einfache Empfangsantenne im Endgerät, und portablen Einsatz mit relativ niedrigen Bewegungsgeschwindigkeiten. Damaliger Stand der Dinge war 3GPP Release 14.

5G Media2Go zielt auf den Einsatz der Technologie in Fahrzeugen ab. Es ist zu erwarten, daß hier auch hochwertigere Diversity-Empfangsantennensysteme zum Einsatz kommen können. Andererseits muß man auch die größeren Bewegungsgeschwindigkeiten in Betracht ziehen. Inzwischen ist 3GPP release 16 da, und dieser Standard ermöglicht mehr Variationsmöglichkeiten von Signalparametern, speziell für mobile Nutzung in Fahrzeugen.

5G-Anbieter.info: Welche Erkenntnisse, Einsichten sowie Ergebnisse konnten Sie aus den einzelnen Projekten gewinnen? Gab es Überschneidungspunkte?

Herr Sautter: KATHREIN konnte aus dem 5G-Today Projekt mitnehmen, daß der Einsatz von zirkularer Sendepolarisation für die Versorgung mobiler Endgeräte in einem HPHT-Broadcast-Netz in vielen Fällen sinnvoll ist. Konkret kann man die Senderenergie effizienter zur Versorgung nutzen und damit auch Energie gespart werden. Das liegt daran, daß auf der anderen Seite die Leistungsfähigkeit einer UHF-Empfangsantenne in einem Smartphone aufgrund des Form- und Größenfaktors nicht beliebig gesteigert werden kann, also auf der Sendeantennenseite etwas getan werden muß. Für 5G Media2Go können wir noch keine Ergebnisse nennen, da wir die erste Meßphase noch nicht ganz ausgewertet haben.

5G-Anbieter.info: Schauen wir uns doch einmal näher die Verbreitung der Medieninhalte, also Rundfunk- und Fernsehsignale, über 5G näher an. Der Empfang über das Mobilfunknetz bietet dem Anbieter einen kostenfreien Rückkanal. Damit ließen sich Daten von meinem Endgerät zurücksenden. Besteht hier die Gefahr des gläsernen Kunden und wie kann ich mich schützen? Sind solche Dienste dann auch anonym nutzbar?

Herr Sautter: Im „Downlink-only“ sieht der 5G Broadcast Standard auch die Versorgung von mobilen Endgeräten ohne SIM-Card vor. Ob dies von Anbietern dann so umgesetzt bzw. von Kunden so genutzt wird, ist eine andere Sache.

5G-Anbieter.info: Verschiedene, mobile Sende- und Empfangsmöglichkeiten von Rundfunk- & TV Signalen sind bereits etabliert, z.B. DAB+, DVB-T2 usw. Warum ist der Übertragungsweg mittels Mobilfunknetz (5G) so verlockend und besteht hier eventuell eine Konkurrenzsituation der einzelnen Systeme untereinander? Warum werden bereits bestehende Techniken nicht dafür weiterentwickelt, z.B. DVB-T2 Empfang am Tablet?

Herr Sautter: Wir denken, daß für die Broadcast-Content-Provider zukünftig vor allem das Erreichen der vielverbreiteten mobilen Endgeräte in den Fokus rückt, das heißt Smartphones und Tablets bzw. Empfänger in Kraftfahrzeugen. Bisher konnten sich in solchen Endgeräten keine Empfänger für DVB verbreiten, die Gründe hierfür sind sicherlich mehr geschäftspolitischer als technischer Natur. Der wesentliche Unterschied ist jetzt auch, daß 5G die technischen Voraussetzungen bietet, als Mobilfunkstandard mit einem Broadcast-Modus die mobilen Endgeräte zu erreichen. DAB sehen wir nicht als Konkurrenztechnologie, da es historisch gesehen andere Ziele verfolgt als 5G Broadcast.

5G-Anbieter.info: Blickt man etwas zurück, wurde in den letzten 10-15 Jahren schon mehrfach der Durchbruch für mobiles TV versprochen. Erst mit DVB-H, DMB, DVB-T (Gen1) und sogar über 4G (LTE-Broadcast), sollte jedes Mal ein neues Zeitalter eingeläutet werden, was jeweils scheiterte. Zumindest, was eine Etablierung für mobile Endgeräte angeht. Sind Sie optimistisch, dass sich 5G-Broadcast nun etabliert und wenn ja, was sind wichtige Erfolgsfaktoren?

Herr Sautter: Wir sind optimistisch! Mobile Endgeräte verbreiten sich immer mehr, und somit der Druck, den Content effizient dorthin zu liefern. Broadcast hat den Einzug in die 3GPP Standardisierung gefunden. Wir sehen damit, daß die Mobilfunk- und Rundfunkwelten konvergieren. Mit dem UHF-Band könnte 5G Broadcast auch frequenzmäßig eine Heimat finden. Wie schnell dies geschieht, hängt vom Land bzw. der Region ab.

5G-Anbieter.info: Wenn Sie die Feldtests von „5G-Today“ sowie „5G Media2Go“ betrachten und sich die Ergebnisse / Resultate näher ansehen – werden wir zukünftig ein entsprechendes Empfangsmodul in jedem Smartphone, Tablet usw. vorfinden? Werden wir unsere Medieninhalte (z.B. Rundfunk & TV) in naher Zukunft ausschließlich über das Mobilfunknetz abrufen? Oder sehen Sie es nur als Beimischung neben den bereits bestehenden Empfangswegen Kabel, Satellit usw.?

Herr Sautter: Unserer Ansicht nach werden tatsächlich entsprechende Empfangsmodule in Smartphones, Tablets, Fahrzeuge … Einzug halten, sodaß damit jeglicher Broadcast-Content - nicht nur Radio und TV - auch mit diesen Geräten portabel oder mobil genutzt werden kann. Broadcast ist nun einmal ein extrem effizienter Weg für die Verbreitung großer Datenmengen. Für die stationäre Nutzung wird Internet, Kabel und Satellit, in manchen Ländern auch Terrestrik, weiterhin Bestand haben.

5G-Anbieter.info: Herzlichen Dank Herr Sautter für dieses interessante Interview.

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Bildquellen
Portraitbild: Christian Sautter, KATHREIN Broadcast GmbH - © mit freundlicher Genehmigung Christian Sautter, KATHREIN Broadcast GmbH