5G mmWave
Alles zum neuen Mobilfunk-Funkbereich für 5G
Im Zusammenhang mit der Berichterstattung zum neusten 5G-Mobilfunkstandard, ist immer wieder die Rede von „mmWave“-Frequenzen oder „Microwellenstrahlung“. Wir zeigen, was sich genau dahinter verbirgt, welche Vorteile der Einsatz verspricht, aber auch wo Nachteile und Gefahren liegen. Zudem beleuchten wir den Stand der Technik und zeigen Einsatzbereiche und Perspektiven auf.
1. Was bedeutet mmWave eigentlich genau?
Die englische Abkürzung ist eigentlich nur eine Kurzschreibweise für elektromagnetische Millimeterstrahlung – abgeleitet von „mm“ für Millimeter und „wave“ steht im englischen für „Welle“. Von der Definition her, umfassen mmWellen den Bereich von 30* bis 300 Giga-Hertz (GHz) im elektromagnetischen Spektralbereich. Zum Vergleich: Sichtbares Licht liegt zwischen 400 und 700 Nanometer, so dass Lichtwellen um den Faktor 1 Million kürzer sind! Im Gegensatz dazu, könnte man also theoretisch(!) die Wellenlängen von mmWaves problemlos mit dem Auge erkennen.
2. Was hat 5G mit Millimeterwellen zu tun?
Mittlerweile funken drei verschieden Mobilfunkstandards (2G, 4G und 5G) im Bereich von 700 MHz bis ca. 3,8 GHz. 3G wurde 2021 abgeschaltet[1], sonst wären es sogar vier! Der durch das Ende von 3G (UMTS) freigewordenen Frequenzbereich, wird heute für 4G und 5G weiterverwendet. Dennoch geht der zur Verfügung stehende „Platz“ im Bereich von unter 6 GHz langsam zur Neige, auch weil bei 5 GHz ein Schutzband für WLAN besteht.
Man könnte vereinfacht sagen, der nötige Raum für neue Datenautobahnen im Mobilfunkbereich wird knapp, während der Bedarf an schnellem Internet unterwegs stetig zunimmt. Besonders 5G kann die einst versprochenen Datenraten von über 5 GBit/s erst mit neuen Nutzbändern liefern.
Die anvisierte internationale Lösung sah daher schon während der Entwicklung von 5G, die zusätzliche Erschließung von höheren Frequenzbereichen im elektromagnetischen Spektrum für den Mobilfunk vor. Je nach Land, sind Bänder bei ca. 24 bis 49 GHz geplant oder bereits im Einsatz. Diese werden bisher so gut wie nicht genutzt (was auch Gründe hat, wie wir noch sehen werden).
Qualcomm geht sogar davon aus, dass künftig auch 60, 70 oder über 100 GHz erschlossen werden [2]. Für 6G könnte sich der Einsatzbereich sogar noch weiter nach oben verschieben Richtung 300 GHz [3].
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3. Was ist der Vorteil von 5G bei mmWave und wo liegen die Anwendungsbereiche?
Wie schon kurz erwähnt, zielt die Erschließung der neuen Frequenzen im mmWellen-Bereich vor allem darauf, höhere Datenraten zu ermöglichen. 5G soll schließlich nicht nur, wie aktuell, 0,5-2 GBit liefern, sondern bald im Idealfall 5, 10 oder sogar 20 GBit/s. Das geht allerdings nur mit breiteren Nutzbändern, also symbolisch gesprochen, breiteren Funkdatenautobahnen. Da diese im Bereich unter 6 GHz („Low Band“ oder auch „Sub-6-GHz“) immer knapper werden, entschied man sich auf über 24 GHz auszuweichen (FR2 Bereich).
Die folgende Tabelle zeigt die aktuell wichtigsten mmWave Nutzbänder im FR2-Bereich:
n257 |
28 GHz | LMDS |
26.5 - 29.5 GHz |
3000 MHz |
Japan, Südkorea, Russland, Singapur, Kanada |
n258 |
26 GHz | K-Band |
24.25 - 27.5 GHz |
3250 MHz |
EU (Deutschland, UK, Italien), Australien, Indien, China |
n259 |
40 GHz | K-Band |
39.5 - 43.5 GHz |
4000 MHz |
China |
n260 |
39 GHz | Ka-Band |
37 - 40 GHz |
3000 MHz |
USA, Kanada, China |
n261 |
28 GHz US | Ka-Band |
27.5 - 28.35 GHz |
850 MHz |
USA, Kanada |
n262 |
47 GHz | V-Band |
47.2 - 48.2 GHz |
1000 MHz |
USA |
3.1 Wozu so hohe Frequenzen?
Im Gegensatz zum Sub-6GHz Bereich, wo z.B. LTE und WLAN funkten, können bei mmWave deutlich breitere Kanäle und höhere Signal-Abstände (z.B. 120 KHz statt 30 KHz) genutzt werden. Das ist aber eher für Entwickler und Techniker von Belang.
Ziel ist, perspektivisch die zur Verfügung stehende Datenrate in sehr dicht besiedelten bzw. besuchten Regionen massiv zu erhöhen. Gerade bei Einkaufszentren, Stadien, Kongresszentren, Messen oder auf Plätzen oder Volksfesten, stehen Mobilfunkprovider oft vor Kapazitätsproblemen. Genau hier könnte 5G auf mmWave genug Leistung bereitstellen, um auch tausende Nutzer stabil mit über 100 MBit/s versorgen zu können.
Der Fokus für 5G über mmWave liegt in der Versorgung dicht besiedelter bzw. genutzter Areale.
4. Nachteile beim 5G Millimeter-Funk
Während es im Prinzip nur einen Vorteil gibt, stehen leider auch eine Reihe von (möglichen) Nachteilen im Raum. Vier der bisher bekannten wollen wir folgend näher beleuchten.
4.1 Reichweite, Abdeckung und Ausbaukosten
Wichtig für Praxiseinsatz ist, dass die
Reichweite auf derart hohen Frequenzbereichen
deutlich niedriger ausfällt. Während ein LTE-Funkmast bei den weitverbreiteten 1800 MHz beispielsweise 2-3 Kilometer funken kann, reicht eine 5G-Station im mmWave-Bereich nur wenige hundert Meter.
Vereinfacht gilt: Je höher die Frequenz, desto geringer die Reichweitenleistung. Dank modernen
Beamforming- und Massive MIMO-Techniken, kann der Effekt aber zumindest etwas abgemildert werden. Daher wird 5G mit mmWave auch langfristig dem städtischen Raum vorbehalten sein. Denn durch die
geringe Reichweite, werden in sehr kurzen Abständen 5G-Mobilfunkstationen oder zumindest
5G Smart Cells benötigt, was die Kosten für den Ausbau enorm in die Höhe treibt. Das ist auch der Grund, warum, wie oben schon festgestellt, mmWellen-Technik nur in eng besiedelten Regionen zum Einsatz kommen wird und nicht im ländlichen Raum.
4.2 mangelnde Gebäudedurchdringung
Ein weiterer Nachteil bei Funkwellen im Millimeterbereich ist, dass die Gebäudedurchdringung sehr schlecht ist oder überhaupt nicht funktioniert. Hochfrequente Strahlung wird von diesen eher reflektiert und dringt kaum ein. Gleiches gilt allerdings auch anders herum im Inneren, falls dort mmWave-Zellen installiert werden (z.B. in Einkaufszentren). Dann dringen die Funksignale kaum nach außen. Gelöst werden derartige Probleme dann über spezielle Repeater.
4.3 Gesundheitliche Risiken befürchtet und noch nicht gänzlich widerlegt
Während in anderen Ländern der Welt eher die Vorteile von Mobilfunk auf Microwellenbasis erörtert wurden (z.B. in Südkorea schon seit 2019 weitverbreitet), beherrschte in Deutschland von Anfang an, wie so oft, Angst vor möglichen Gesundheitsgefahren die Debatte und Berichterstattung.
Bei „Microwellen“ denken die meisten natürlich an den gleichnamigen Ofen zuhause. Allerdings arbeitet dieser auf 2,45 GHz. Tatsächlich weisen 5G-Millimeterwellen per se eine deutlich höhere Energiedichte auf als Funkwellen im Bereich von beispielsweise 800 MHz (LTE). Allerdings gelten auch in Deutschland (wenn nicht später noch anders geregelt) die Grenzwerte im Mobilfunkbereich von maximal 61 V/m (Volt je Meter). Zudem wird die Strahlung bei 5G im mmWave-Bereich direkt auf der Haut absorbiert und dringt nicht in den Köper ein, ganz im Gegensatz zu den Wellen, wo LTE oder GSM funkt.
Dennoch gilt natürlich das Vorsichtsgebot und deswegen hatte auch die Schweiz 2019 zunächst den 5G-Ausbau temporär gestoppt [6]. Allerdings zielte die Skepsis hier allgemein auf den 5G-Standard an sich und nicht auf Millimeterwellenfunk.
In unserem Interview mit dem Bundesamt für Strahlenschutz gab die Behörde auch zu, dass es bei mmWave-Frequenzen noch offene Fragen gäbe. Zitat: „Zur Wirkung dieser Frequenzbereiche liegen im Vergleich zu den heute gebräuchlichen Frequenzen weniger Untersuchungsergebnisse vor.“. Ob es gesundheitliche Risiken beim mmWave Einsatz gibt, ist also noch nicht schlussendlich geklärt.
Fazit zu den Nachteilen: In den USA, wo mmWave schon länger im Einsatz ist (siehe folgend), zeichnet sich daher auch ein zunächst etwas ernüchterndes Bild bei den Verbrauchern. Die Technik sei noch zu launenhaft und fehleranfällig [7]. Für eine endgültige Bewertung scheint es, auch Jahre nach der Einführung, noch zu früh.
4.4 Wasser und Köper als mmWave Hemmer?!
Bei hochfrequenter Mobilfunktechnik im mm-Wellenbereich, wirkt auch
Wasser als Isolator. Aufgrund des hohen Wasseranteils demzufolge auch der menschliche Körper. Daher wurde bereits in den USA beobachtet, wo die Technik wie gesagt schon länger im Einsatz ist, dass bei starkem Regen oder hoher Luftfeuchte die Signalstärke abnimmt, was gestörte Verbindungen, Abbrüche und Geschwindigkeitsreduktion zur Folge haben kann [4].
Selbst die Hand selbst kann als dämpfend wirken, so dass Qualcomm schon früh Antennen in drei Richtungen am
5G-Smarthone plante [5]. Gekennzeichnet mit M1, M2 und M3 in der folgenden Grafik.
Quelle: Qualcomm
5. In den USA ist mmWave schon längst Standard
Überraschender Weise wurde 5G mmWave in den USA schon gleich zu Beginn, also 2019, eingeführt. Vorreiter waren dort besonders Verizon und T-Mobile, gefolgt von AT&T. Ersterer setzte für sein 5G-Network sogar zunächst ausschließlich auf diesen Frequenzbereich! Die US-Provider haben sich die Microwellen-Funklizenzen zudem eine Stange Geld kosten lassen. Insgesamt bis Mitte 2020 gut 10,3 Mrd. Dollar.
Aufgeteilt in drei Versteigerungen:
7,6 Mrd. Dollar in der Auktion mit Nummer 103, 703 Mio. bei Auktion 101 sowie 2 Mrd. in Auktion 102 (24 GHz). Bei Nummer 103, welche März 2020 endete, kamen gleich drei Bereiche unter dem Hammer, nämlich 37 GHz, 39 GHz und 47 GHz.[8]
In vielen Endgeräte, wie z.B. Smartphones, wird daher mmWave für die USA explizit freigeschaltet, während europäische Varianten meist noch ohne auskommen, da hier die Bänder für 5G bislang kaum genutzt werden.
6. 5G auf mmWave in Deutschland
In Deutschland ist bis dato (Ende 2024) 5G im Millimeterbereich noch kein Thema. Auch die Versteigerung der Nutzfrequenzen steht weiter im Raum, für die es noch nicht einmal einen Termin gibt. Eine Entscheidung über die Zuteilung durch die Bundesnetzagentur ist damit noch ausstehend. [9]
Es gibt nur eine Ausnahme, die allerdings nicht für die Öffentlichkeit relevant ist. So hat die Bundesnetzagentur im Mai 2021 Frequenzen bei 26 GHz für einige lokale und regionale 5G-Netze - sogenannte Campusnetze - erteilt. Seither kann im Prinzip jeder mit dem nötigen Kleingeld ein solches regionales 5G-Campusnetz beantragen.
Für die regulären 5G-Netze gilt: Hier erwarten wir vorerst seitens der Dt. Telekom, 1und1, O2 und Vodafone keinen raschen Vorstoß in Richtung mmWave-Ausbau bei 5G. Teils laufen aber zumindest Tests. Die Deutsche Telekom verfügt z.B. Griechenland und Kroatien über mmWave-Lizenzen und probt dort schon den Einsatz für die Praxis.
Für die Innenstädte reichen zunächst die teuer erworbenen Bereiche bei 3.6 und 2,1 GHz. Wahrscheinlich wird es mmWave 5G daher hierzulande erst in einigen Jahren geben. Wir verorten diesen Ausbauschritt eher in die Reifephase der 5G-Technologie ab zirka 2028.
7. Sind neue Endgeräte nötig für 5G auf mmWave?
Ja, definitiv! Nur 5G-Smartphones und Router, welche explizit darauf hinweisen, mmWave zu unterstützen – siehe dazu auch unser 5G-Frequenzspezial – sind kompatibel. Wie zuvor angedeutet, spielt dies aber in Deutschland vorerst noch keine Rolle für Verbraucher.
8. Dt. Telekom demonstrierte schon früh Potenzial
Auch die Deutsche Telekom forscht in der eigens gegründeten
5G:haus Zukunfts-Technikschmiede am Datentransfer per mmWave. Bereits 2016 verkündete der Konzern erfolgreich eine Übertragung mit sagenhaften 70 GBit/s dank mmWave und Multi-User MIMO. Dabei wurde erstmals weltweit in einer Live-Demonstration auf 73 GHz (also auf sehr hohen Frequenzen) die Technik unter echten Bedingungen geprobt. Der Test zielte auf die Versorgung in besonders belebten Umgebungen, wie Stadien. Zum Einsatz kam zudem eine spezielle Multi-Richtstrahl Technik[10].
9. Weitere Einsatzfelder für mmWellen-Technik im Mobilfunkbereich
Neben der Übermittlung von Daten per Funk in besonders hoher Geschwindigkeit, gibt es tatsächlich aber noch andere Anwendungsmöglichkeiten, welche wir folgend noch kurz vorstellen möchten.
9.1 mmWave im Richtfunk als Glasfaserersatz bzw. Brücke
Gerade im ländlichen Raum lohnt oft kein Glasfaserausbau, da einer sehr überschaubaren Kundenzahl sehr hohe Ausbaukosten gegenüberstehen. Richtfunk per mmWave kann hier mittelfristig die Lösung sein. Statt Glasfaserkabel kilometerweit ins nächste Dorf zu ziehen, lassen sich per Richtfunk, von einem Mast zum anderen, Daten mit ähnlicher Kapazität austauschen. Nur eben zu deutlich geringeren Ausbaukosten!
Dabei wird 5G auf mmWellen ganz gebündelt von Funkmast zu Funkmast „gestrahlt“, vergleichbar mit einer stark fokussierten Taschenlampe. 2019 nahm O2 beispielsweise eine solche
Anlage in Betrieb, wo über die Strecke von 5 km auf 18 und 80 GHz eine Datenrate von 16 GBit erzielt wurde. Die Deutsche Telekom erzielte sogar
40 GBit auf 1,4 Kilometer. Perspektivisch sollen über 100 GBit möglich sein. Damit könnten also 100 Haushalte permanent mit 1 GBit/s versorgt werden oder 1.000 mit 100 MBit/s.
9.2 mmWave-Sensoren bald in jedem Smartphone zur Gestenerkennung?
Die Millimeterwellen können aber auch als „Messinstrument“ eingesetzt werden, sozusagen als Mini-Radar am Smartphone. Zwar hatte das Google bereits im Pixel 4 schon eine ähnliche Technik verbaut. Doch Huawei demonstrierte 2019 auf Basis einer 5G-Spezifikation sogar Gestenerkennung via mmWaves. Auch die berührungslose Erkennung der Puls- und Herzfrequenz wird so möglich. Implementiert seit dem Huawei Mate30 Pro.
Hier ein Demovideo von Huawei:
9.3 mmWave Sensoren in der Industrie
Sensoren spielen natürlich vor allem in der Industrie eine herausragende Rolle für Automatisierungsprozesse. Einer der größten Halbleiterhersteller, Texas Instruments, stellt z.B. spezielle mmWave-Sensoren her. Beispielsweise für Fahrzeuganwendungen (Nahbereichsradar, Hindernisradar, Front-Fernbereichsradar). Oder für Robotik, Verkehrsüberwachung und Gebäudeautomation. Hier ein Überblick.
Weiterführendes
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5G Ausbau in Deutschland
Quellen und Hinweise
*kalkulatorisch beginnt mmWave bei genau 299792 MHz
[1] www.lte-anbieter.info/3g
[2] Qualcomm PDF; FCC (USA)
[3] https://5g.nrw/6g-forschung-an-drahtlosem-uebertragungssystem-im-terahertz-frequenzbereich/
[4] https://www.androidauthority.com/what-is-5g-mmwave-933631/
[5] Qualcomm PDF Presentation S.32
[6] www.heise.de/newsticker/meldung/Schweiz-Vorlaeufiges-Verbot-von-5G-Mobilfunkantennen-in-Genf-4398114.html
[7] https://www.androidpolice.com/2020/06/16/mmwave-5g-is-at-a-crossroads/
[8] www.lightreading.com
[9] Bundesnetzagentur
[10] Dt. Telekom Pressemeldung