5G und der Stromverbrauch
Energiesparer oder Klimakiller?
Seit der Einführung des LTE-Nachfolgers 5G im Jahr 2019, stehen vor allem die Vorzüge für Kunden und Industrie im Vordergrund. Doch immer mehr häufen sich auch Bedenken bezüglich der Klimaverträglichkeit von 5G. Von Beginn an gab es den Mythos des Stromfressers. Die Mobilfunkunternehmen betonen hingegen genau das Gegenteil – 5G spare enorm viel Energie und sei im Kampf gegen den Klimawandel unverzichtbar. Doch wer hat Recht? Wir zeigen, welche Argumente es jeweils Pro und Kontra 5G in punkto Umwelt bzw. Klima gibt.
5G: Klimakiller vs. Klimaretter
Wie wir sehen werden, ist die Frage weder eindeutig noch einfach zu beantworten. Es gibt nämlich mindestens genauso viele Argumente für beide Seiten der Medaille. Bei der Recherche fanden wir gleichermaßen Lob wie auch Kritik, sogar von der Industrie selbst. Daher wollen wir zuerst Argumente für und wider 5G gegenüberstellen. Dann kann sich jeder selbst eine Meinung bilden, ob der 4G-Nachfolger eher förderlich für die Klimaziele sind oder nicht. Doch der Reihe nach!
1. PRO 5G: So viel wird (theoretisch) gespart
Fakt ist zunächst – die Nutzung der 5G-Technik verbraucht wirklich deutlich weniger Strom. Das hat gleich mehrere Gründe, denn das Netz besteht ja auch aus etlichen Komponenten die zusammen arbeiten. Angefangen von den Rechenzentren, welche die Datenströme verteilen und steuern, über die Funkmasten und Antennen, bis hin zum Endgerät des Nutzers. Überall wird Energie benötigt und somit verbraucht, so dass jeweils auch Sparpotenziale bestehen.
Betrachten wir daher zunächst die Übertragung von Informationen an sich. Wieviel Energie 5G hier gegenüber 4G sparen kann, darüber gibt es unterschiedliche Quellen. Im Schnitt kann man von satten
80-90 Prozent ausgehen! Gegenüber 2G und 3G ist der Vorsprung nochmals deutlich höher. Hui Cao, Leiter Strategie und Politik bei Huawei Europa, drückte sich 2019 wie folgt aus: „
Der Stromverbrauch von 5G beträgt pro Bit lediglich 10 Prozent im Vergleich zu 4G. Mit anderen Worten, 90 Prozent der Energie werden pro Bit eingespart." [1].
Vodafone gibt sich mit 80 Prozent da schon etwas bescheidener: „
5G spart Strom. Und das gewaltig. Die neuste Mobilfunk-Generation überträgt die gleiche Datenmenge mit fast 80% weniger Energie als sein Vorgänger 4G.“ [2]. Gegenüber dem schon 2021 abgeschalteten 3G seien es sogar unglaubliche 98 Prozent! Also eine enorme Menge an Sparpotenzial, zumindest auf dem Papier. Denn die Wahrheit liegt, wie wir noch sehen werden, irgendwo in der Mitte.
O2 sieht bis 2025 das eigene Netz sogar als „
das grünste Mobilfunknetz Deutschlands“ und geht ebenfalls von 90 Prozent weniger Verbrauch pro transportiertem Byte dank 5G aus [3].
Ein weiteres Beispiel liefert das Forschungsprojekt "
Green Cloud Computing". Hier wurde ermittelt, wie viel Energie benötigt wird, um einen Videostream zu übertragen. Einmal mit dem alten 3G (wurde schon abgeschaltet), LTE oder 5G. Die Ergebnisse sind schon beeindruckend. Denn benötigt die ÜBertragung eines Videos in HD-Qualität über einen 5G-Tarife gut 18-mal weniger Strom als per UMTS. Gegenüber LTE ist der Vorteil immernoch mehr als 2,5-mal so groß.
1.1 Deswegen verbraucht 5G weniger Strom
Die Antwort ist einfach -
5G ist effizienter und die Prozesse werden „intelligenter“ gesteuert. Alle beteiligten Ingenieure, Wissenschaftler und Unternehmen waren von Anfang an bestrebt, die nächste Funktechnikgeneration nicht nur schneller, sondern gleichzeitig auch effizienter und somit sparsamer zu gestalten. Einer der wichtigsten technischen Ansätze dafür ist das sogenannte
Beamforming. Dabei wird, vereinfacht gesagt, jeder Nutzer in der Funkzelle separat angefunkt und auch nur dann, wenn ein Datentransfer nötig ist. Man sagt auch, 5G funkt
Nutzer-orientiert. Bei 2G-4G hingegen, wurde Standort-orientiert in alle Richtungen und zu jeder Zeit gesendet, egal, ob überhaupt jemand in der Funkzelle erreichbar ist und ob es gerade Bedarf gibt. Bildlich könnte man sagen: 4G strahlt/funkt wie eine Glühbirne jederzeit rundum, während 5G wie mit einer Taschenlampe im Bedarfsfall den Nutzer direkt anstrahlt/funkt [4]. Kurz und knapp: 5G stellt nur bei Bedarf gezielt Netzkapazitäten bereit, LTE immer und ungezielt. So als würde man im Wohnzimmer immer das Licht anlassen, auch wenn man schläft. Das macht natürlich keinen Sinn.
Im
5G Release 16 wurden von der 3GPP erstmals noch weitere Grundlagen zur Optimierung gelegt. Qualcomm nennt das in seinen Chips „
5G PowerSave 2.0“. Dabei werden auch spezifische Informationen vom Endgerät jedes Nutzers (
UE-Assisted Information, kurz UAI) genutzt [5]. Die UAI sorgen dann in der Praxis dafür, dass
Router bzw.
Smartphone mit dem Funkmast den effizientesten Betrieb in der jeweilig gerade vorherrschenden Situation aushandeln. Praktisch eine Art „Effizienz-Smalltalk“. Also z.B. je nach Standort, Winkel, Entfernung, Gerätetemperatur etc., wird die beste MIMO-Konfiguration, Trägerbündelung (
Carrier-Aggregation) und Modemspannung ausgehandelt. Steht der Nutzer z.B. in Sichtkontakt in der Nähe der Funkzelle, reicht eine niedrigere Sendestärke und so weiter. In den folgenden Release-Stufen (z.B.
Rel17 und
Rel18) wird bzw. wurde der Energieverbraucht zudem weiter optimiert.
Stromverbrauch 3 Wochen 5G-Netz surfen | Bild: Vodafone
Neue Antennen: Vodafone setzt z.B. auch bei den Funkantennen selbst auf den technischen Fortschritt. Nach eigenen Angaben, verwendet man an immer mehr Orten neue Typen vom Technologie-Partner Ericsson. Diese sollen wiederum deutlich effizienter funken und so im Vergleich zu früheren Elementen den Stromverbrauch so um bis zu 40 Prozent senken können. Es wird für die Übertragung also wieder weniger Energie benötigt, schon für die Luftschnittstelle an sich [6].
Es gibt aber noch ein indirektes Argument für 5G in Sachen Energie- und somit CO2 sparen - die fortschreitende Digitalisierung. Langfristig soll die neuste Mobilfunkgeneration helfen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse effizienter zu gestalten. Zumindest wenn es nach den Plänen vieler Unternehmen und Politiker geht. Hier werden oft dies Schlüsselwörter „Internet der Dinge“ (IoT), „Smart Farming“, „Autonomes Fahren“ oder „Industrie 4.0“ bemüht. Unter anderem könnte durch intelligente Vernetzung besonders die Logistik auf eine neue Stufe gehoben werden. Oder autonome Maschinen/Fahrzeuge, welche weit effizienter als der Mensch agieren. Alles in allem könnten die Techniken langfristig helfen, den Energiebedarf enorm zu senken.
Mehr Beispiele für Digitalisierung ließen sich unzählige finden. Seit der Coronapandemie ist vor allem Homeoffice in aller Munde. Moderne Datenübertragungssysteme und Software helfen bei der Vermeidung von tendenziell unnötigen Fahrten oder auch Geschäftsterminen – Stichwort Zoom und Videokonferenzen statt Kurzstreckenflug. Die Möglichkeiten reichen aber deutlich weiter – zum Beispiel Felder nur dann oder dort düngen, wo Pflanzen dies gerade benötigen. Entsprechende Monitoring- und Datensysteme vorausgesetzt.
Auch der Branchenverband Bitkom räumt der Digitalisierung große Chancen ein. Demnach könnten nur in Deutschland bis zum Jahr 2030 ganze 120 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Also 1/5 der heutigen Emissionen [7].
Übersicht zur 5G Energieersparnis
* 80-90 Prozent weniger Energie pro Byte nötig durch neue Techniken
* Release 16 ff. bringen neue Stromspar-Vorteile z.B. über UE-Assisted Information
* neue Antennen ermöglichen auch beim Senden/Empfangen bis 40 % weniger Verbrauch
* 5G treibt Digitalisierung voran, die eine Vielzahl von Einsparungen allgemein ermöglicht
2. Kontra: Stromfresser 5G?
Nachdem vor 5Jahren 5G weltweit in den ersten Ländern und auch hierzulande eingeführt wurde, mehrten sich Berichte, dass es sich bei den Endgeräten (Router/Smartphones) um wahre Stromfresser handle. Es gab sogar teils enorme Hitzeprobleme [8], so dass der erste
Huawei 5G-Router (CPE) sogar mit Lüftern ausgestattet war.
Der Grund war jedoch simpel. Normaler Weise sind alle wichtigen Features auf einem Chip vereint – genannt „System on a Chip“, kurz SoC. Doch ganz zu Beginn hatten Hersteller wie Samsung oder Qualcomm den Chip fürs 5G-Modem zunächst noch extra extern ausgelagert. Das führte zu einem deutlich höheren Energieverbrauch und Wärmeentwicklung. Zudem war die Chipfertigung noch nicht sonderlich effizient. Das war sicher einer der Hauptgründe, warum 5G zunächst in Misskredit als Energiefresser fiel. Schuld war aber nicht die Funktechnik an sich, sondern die noch unausgereifte Technik für den Nutzer (UE). Erst im Dezember 2020 mit dem Snapdragon 888 änderte sich das – derweilen sollte die Implementierung ursprünglich schon Monate zuvor im Snapdragon 865 erfolgen[9].
2.1 Das sind die Gründe für eher steigenden Stromverbrauch ...
Es gibt aber handfeste Argumente, dass die 5. Mobilfunkgeneration (im Endeffekt) doch keinen Vorteil beim CO2 sparen bringt, sondern eher das Gegenteil.
Wie wir unter Punkt 1 gezeigt haben, erzielt der Umstieg auf 5G zwar eine immense Energieersparnis mit sich. Doch ein Aspekt läuft der Entwicklung leider entgegen und kompensiert diese. Zwar sinkt der nötige Strombedarf für jedes transportierte Byte um 80-90%, doch nimmt weltweit weiterhin stetig der Bedarf zu, also die transportierte Datenmenge. Früher oder später (wahrscheinlich 2025) wird der Effizienzgewinn demnach aufgezehrt oder sogar übertroffen werden. Bildlich gesprochen: Wir brauchen dank 5G zwar weniger als 9/10 an Strom für die Datenübertragung, aber die Datenmenge wird sich bald schon wieder vervielfacht haben.
Der Ericsson Mobility Report zeigt regelmäßig diese Entwicklung genau auf und gibt neue Prognosen für die kommenden Jahre ab. Im Schnitt betrug das jährliche Wachstum beim Datenaufkommen zwischen 2020 und 2021 weltweit 44 Prozent. Das entspräche, bei gleichbleibender Rate, einer Verdopplung ungefähr aller 2 Jahre. In nur 10 Jahren, 2021 verglichen mit 2011, summierte sich das Wachstum sogar auf sage und schreibe das 300-fache - und zwar laut dem Ericsson Mobility Report [10].
EON warnte in einer Studie bereits 2019 vor deutlich mehr Energieverbrauch mit bzw. durch 5G. Beauftragt wurde damals dazu die Universität RWTH Aachen. Ursächlich für die These war aber nicht in der Übertragungstechnik selbst zu suchen. Diese ist, wie gezeigt, deutlich effizienter. Vielmehr sei ein steigender Energieverbrauch durch die nötigen Rechenzentren ausschlaggebend. Getrieben durch die schon erwähnte, steigende Nachfrage an Datendiensten. Für Deutschland prognostizierte die RWTH Aachen alleine den Mehrverbrauch in Datenzentren durch 5G bis 2025 auf 3,8 Terrawattsunden (TWh) pro Jahr! [11]
Aber auch andere Wissenschaftler kommen zu ähnlichen Schlüssen wie Andrae, A.S. and Edler, T. in „On global electricity usage of communication technology: trends to 2030“. In dieser PDF nachzulesen auf Seite 9 (bzw. PDF Seite 11). Demnach wäre den Prognosen zufolge der Zuwachs von 2022 bis 2030 immens. In Zahlen ein Anstieg von ca. 180 Terrawattstunden (TWh) auf 1300 TWh.
Verbrauchsanstieg kabellose Netzwerke 5G bis 2030 | Bild: Andrae, A.S. and Edler, T. (siehe PDF)
Doch es gibt noch mehr negativ wirkende Effekte auf die Energiebilanz! 5G weckt natürlich auch
Erwartungen beim Endkunden und der Industrie. Schließlich wurde von Anfang an damit geworben, dass der Nachfolger einen enormen Mehrwert biete und bald zahllose neue Anwendungen und ultraschnelle Datenraten ermögliche. Wer sich extra ein neues, passendes Smartphone kauft und ggf. den
Tarif updated, will auch etwas davon haben. Warum also nicht mal öfters unterwegs das Youtubevideo in 4K statt HD streamen – sieht ja besser aus und „man hat ja nun die Voraussetzungen“. Beim Streamen in UltraHD statt HD wird ungefähr die 2- bis 2.5fache Energiemenge benötigt, da der Speicherbedarf ungefähr im selben Umfang steigt. 1 Stunde Netflix in 4K braucht ca. 7 GB – in HD nur 3 bis 3,5 GB. Die potenzielle Stromersparnis wird dann durch den sich ergebenden Mehrwert und Verhaltensänderungen teils oder ganz aufgehoben. Man spricht hier auch vom
Rebound Effekt. Eine Analyse von Matthias Kroll (
PDF WorldFutureCouncil) weist unter anderem auf diesen Effekt hin.
Nicht nur höhere Erwartungen und Komfortgewinne können den Datenhunger und somit Energieverbrauch weiter anheizen, sondern auch
technische Innovationen sowie neue Anwendungen (Beispiele
hier). Dafür wurde 5G schließlich vor allem auch erst entwickelt. Mit anderen Worten – es fällt zusätzlich mehr Datenverkehr an für Aufgaben, welches es vorher nicht gab.
Zentral im Mittelpunkt steht seit geraumer Zeit auch die Vernetzung der Dinge im Alltag sowie der Industrie (IoT). Aber auch Künstliche Intelligenz findet Einzug in immer mehr tägliche Dinge. Besonders bei Unternehmen spielen datenintensive „KI-Anwendungen“ wie „
Deep-Learning-Modelle“ eine wachsende Rolle. Nahezu in jedem Bereich von der Produktoptimierung, Medikamentenentwicklung, Börsentools, bis hin zu Computerspielen lässt sich überall ein Anwendungsfeld finden. 5G sorgt dann für die Übertragung von nötigen Daten in Echtzeit. Der Phantasie sind praktisch keine Grenzen gesetzt, was sich aber im Traffic und somit der Strombilanz niederschlägt ...
2.1.1 5G, dass keines ist...
Des Weiteren sollte erwähnt werden, dass 5G nicht gleich 5G ist. Denn oft steckt eigentlich 4G dahinter, obwohl das Smartphone „5G“ anzeigt. Der Grund ist simpel: Um möglichst schnell die neue Technik in der Fläche anbieten zu können, bedienten sich die Mobilfunkanbieter einem Trick und setzen 5G sozusagen „huckepack“ auf bestehendes 4G-Netze. In der Fachsprache heißt das „non standalone 5G“. Zudem teilen sich beide Standards auch noch die Frequenzen (Dynamic Spektrum Sharing). Nur „5G standalone“ (SA) ist richtiges 5G (teils 5G+ genannt).
Seit Q1 2022 funken erste Netze derart in Deutschland - den Anfang machte damals Vodafone- Ende 2023 hat auch O2 5G+ freigeschaltet. Bei 5G SA ist wirklich alles 5. Generation – von der Antenne über das Kernnetz, dem Endgerät bis zur genutzten Frequenz. Vor allem jedoch: Erst mit standalone Netzen ist also ein Stromspareffekt zu erwarten.
Der Kunde kann aber leider nur schwer feststellen, ob er mit „echtem“ 5G angebunden ist oder nicht. Einige Apps wie "Netmonster" zeigen die Verbindungsart an - auch ob Carrier Aggregation genutzt wird. Oder die AVM 5G-Fritz!Box, wo man ebenfalls sieht ob es sich um eine 5G SA bzw. NSA-Verbindung handelt, siehe folgender Screenshot.
verbunden via non standalone auf einer Fritzbox 5G
2.1.2 Eine Frage der Schwingungen
Als sei das noch nicht genug, droht noch eine weitere negative Implikation auf die 5G-Energiebilanz. Nachdem zunächst fast nur bestehende Funkmasten mit 5G erweitert wurden – von einigen wenigen 3.6 GHz Stationen in den Städten abgesehen – droht in Zukunft ein immenses Plus an 5G-Sendeanlagen. Denn um die noch relative maue Datenübertragungsrate (0,5-1 GBit/s) auf die ursprünglich anvisierten 5-20 GBit/s anheben zu können, braucht es mehr Frequenzen! Angedacht sind dafür vor allem neue Spektren im Millimeterwellenbereich, auch kurz mmWave genannt. Im Fokus stehen dabei international ca. 24 bis 60 GHz. Zum Vergleich: WLAN funkt momentan auf höchstens auf 5 GHz und hat bereits eine niedrige Reichweite. Je höher die Frequenz desto niedriger die mögliche Abdeckungsdistanz. 5G bei 25 GHz dürfte also kaum 200 Meter weit reichen. In der Summe braucht man dann in jeder Stadt hunderte kleine Funkzellen – Smart-Cells genannt. Eine Vision dies zu verwirklichen, sind z.B. kleine Sendeantennen an Straßenlaternen. Anfang 2022 setzte Vodafone diese Idee erstmals in Köln in die Realität um, zumindest auf den „alten“ Sub-6-GHz Frequenzen im 3.5 GHz Band.
Vodafone installiert erste 5G-Funkzellen an Straßenlaternen | Bild: Vodafone
Für superschnelle Datenraten braucht es also deutlich mehr Antennen, die wiederum in der Summe mehr Strom verbrauchen dürften. Huawei prognostizierte 2019 bereits den Mehrverbrauch von 3.5 GHz Stationen mit modernem Massive MIMO (64T64R) im Vergleich zu 4G auf satte 68 Prozent! Genauer gesagt von 1000-1400 Watt auf ca. 2000 Watt [12].
Verbrauchszunahme Energie bei einer 5G Mobilfunkstation zu 4G | Bild: Huawei siehe [12]
Übersicht: Wo steigert 5G den Energiebedarf bzw. Stromverbrauch?
* weiter Wachstum des weltweiten Datenverkehrs (indirekte Implikation)
* 5G ermöglicht erst neue Anwendungen und Funktionen (direkte Implikation)
* 5G weckt neue Erwartungen und kurbelt so Datenaufkommen an (Rebound Effekte)
* 5G bisher oft nur „aufgesetzt“ auf 4G (non standalone) = keine nennenswerte Ersparnis
* für höhere Datenraten > 2 GBit/s langfristig neue Frequenzen (mmWave) nötig
* zudem dichteres Netz an Sendestationen -> tendenziell Energieverbrauch fördernd
* teilweise Mehrverbrauch durch ineffiziente, veraltete Endgeräte der ersten Generation
3. Was bedeutet das für meinen Smartphone-Akku?
Eigentlich heißt es in der Werbung der Mobilfunkanbieter, dass der Akku des Handys mit 5G geschont wird. Um die 20 Prozent ließe sich sparen. Leider deckt sich das ganz und garnicht mit den Beobachtungen der Kunden. Tatsächlich ist aktuell das Gegenteil der Fall. Bei einem Samsung S20 5G zum Beispiel kann der Akku mit 5G im Vergleich zu 4G bis zu 60% schneller alle sein.
Der Grund hierfür ist wieder das schon beschriebene "unechte 5G", also non standalone. Erst mit echten standalone-Netzen (5G+) wird es einen positiven Effekt auf den Akku- bzw. Stromverbrauch beim Surfen oder später auch telefonieren (Vo5G) geben. Dann sind voraussichtlich um die 20 Prozent Akkulaufzeit mehr drin! Mehr dazu hier in unserem 5G-Akku Spezial.
4. Ökostrom für 5G & LTE
Nicht nur der 5G-Standard hilft beim Energiesparen. Die Netzbetreiber setzten zunehmend auch auf regenerative Energien um den CO2-Abdruck zu verkleinern bzw. bald ganz Klimaneutral zu funken.
Vodafone setzt eigenen Angaben zufolge heute schon zu 100% auf Ökostrom und konnte so die CO2-Emmissionen um über 90 Prozent senken. Seit Ende 2023 spart Vodafone mit 5G zudem noch mehr CO2 durch neue Verfahren (mehr dazu hier). Bis 2040 will der Konzern die Netto-Null erreichen – vom 5G-Netz bis zur Logistik/Mobilität.
Ähnlich sieht es bei der Deutschen Telekom aus. Heute schon läuft das Mobilfunknetz komplett mit Ökostrom. 2025 plant das Unternehmen nach Scope 1 (direkte Treibhausgas-Emissionen des Unternehmens) und Scope 2 (indirekte Emissionen) klimaneutral zu arbeiten und 2040 die Netto-Null erreichen.
O2 Telefónica verweist auf ihrer Webseite auch auf 100% Ökostrom und 2040 Netto "0". Darüber hinaus investiere man in Klimaschutzprojekte und setzt auf Zertifikateeinkauf.
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5. Fazit: Spart 5G nun Strom und somit CO2 oder nicht?
Eine valide Aussage, ob 5G nun mehr Strom oder weniger verbraucht bzw. besser oder schlechter „fürs Klima“ ist, lässt sich nicht auf einen Nenner bringen. Dazu muss man konkret differenzieren. Rein die 5G-Technik an sich, bringt eine erhebliche Ersparnis, zumindest wenn es sich um „echtes“ 5G-Standalone handelt.
Dem wirken aber ebenfalls mehrere Kräfte und Faktoren entgegen. Einerseits der ungebremste Wachstumstrend beim weltweiten Datenvolumen. Zwar würde der Bedarf zunächst auch ohne 5G weiter zunehmen – das aggressive Marketing für 5G und die geweckten Erwartungen an die Konsumenten befeuern aber den Trend zusätzlich. Hinzu kommen neue Anwendungen, welche erst mit 5G überhaupt realisierbar werden/wurden und so den Gesamtenergiebedarf weiter anheizen. Auch die zu erwartende zusätzliche Erhöhung der Reichweite und Datenrate (mmWave) durch mehr Funkzellen und höhere Nutzfrequenzen, dürften kontraproduktiv wirken.
Ob Gewinn oder Verlust sich langfristig ausgleichen oder die Bilanz von 5G ins Negative rutscht, dass wird erst die Zukunft zeigen.